Raue Zauberwelt in Scharnstein

Draht + Markus Moser = Wireart

Auf der Suche nach Abwechslung in seinem Leben ist Markus Moser auf den Draht gekommen, hat sich wieder seiner Wurzeln erinnert und etwas völlig Neues geschaffen. So hämmerte, bog und schweißte der Scharnsteiner mehrere Jahre vor sich hin, bis er bemerkte, dass es Kunst ist, was er da produziert.

Markus-Moser-in-seiner-Drahtwelt-Michaela-Grininger-300x225Minus 15 Grad zeigt das Thermometer meines Autos, ein „Winterwonderland“ breitet sich vor mir aus. Während der Rest seiner Familie an diesem Wochenende noch mit Schlafen verbringt, steht Markus Moser schon mit Kaffee bereit in seinem Holzhaus abseits der Zivilisation. Kurzer Stopp zum Aufwärmen, bevor es ins Atelier geht, in dem leider – wie ich noch extra vorgewarnt werde – die gleiche Temperatur vorherrscht wie draußen. Ach, so schlimm wird’s schon nicht sein, denke ich mir und steige tapfer wieder ins Auto ein, um in den Ort zu fahren, wo sich der Künstler vor mehreren Jahren eine Werkstatt eingerichtet hat, um endlich wieder manuell arbeiten zu können.

Per Zufall zum Draht Nach 20 Jahren im Software-Geschäft war die Zeit reif, etwas Neues zu probieren, zunächst als Hobby. „Das mit dem Draht, das ist mir damals einfach passiert und hat mich dann nicht mehr losgelassen“. Eher zufällig kam Markus Moser 2007 auf die Idee, Drähte zu verarbeiten. Mit Hammer, Ambos und Schweißgerät bewaffnet, entstanden so die ersten Arbeiten und entfachten ein Feuer in dem erdigen Familienvater, das nach wie vor lodert. Es ist eine Mischung aus Abgeklärtheit, Understatement und Stolz, mit der er mir schließlich im Dachboden seiner Werkstatt die Arbeiten präsentiert, die seitdem entstanden sind. Da stehe ich plötzlich bei unglaublicher Kälte mitten im Nirgendwo umgeben von Objekten, geschaffen von einem Mann, der seinen Gedanken und Spielereien über ein Medium Ausdruck verleiht, das spezieller kaum sein könnte. Hier eine alte Vespa, da ein WC mit Flipflops davor, dort ein Bett, an der Wand lebensgroße Drahtbilder, die den Künstler selbst zeigen. Dazwischen eine Gitarre in einer Mülltonne, die das endgültige Ende seiner kläglichen Versuche, ein Musikinstrument zu lernen, symbolisiert.

Männlicher Romeo & Julia Balkon Humor hat er, dieser Scharnsteiner, bei seiner Ankündigung, es werde kalt, hatte er allerdings nicht gescherzt – leider. So verweilen wir einen Augenblick in dieser Scheinwelt aus Draht. Der Wechsel zwischen 2D und 3D, diese Nichtzuordenbarkeit, diese permanente optische Täuschung, diese leeren und doch sinnvollen Hüllen hinterlassen eine nachhaltige Faszination. Es ist ein ehrlicher, ernsthafter wie humorvoller Mensch, der Produzent dieser mit Draht gemalten Objekte, einer der Kunst macht, weil er kein Schreibtischmensch mehr sein wollte, weil es ihn „back to the roots“ drängte – Moser hatte ursprünglich eine Schlosserlehre absolviert – der Strukturen hinterfragt und mit seinem Draht fast schon eine Zauberwelt erschafft. Roh, urgewaltig, männlich (auch wenn in unserer „Gender-Generation“ dieses Adjektiv eigentlich nicht mehr so gern gesehen wird). Aber Wireart ist eben Kunst, von Männerhand geschaffen, die aber neben Motorrädern und Toiletten auch Trockenhauben und Romeo & Julia Balkone verdrahtet. Poetisch und handfest, uneitel, stark und zerbrechlich.

Nach intensiver Ausstellungstätigkeit bereitet sich Moser nun auf eine große Schau 2013 vor. Bis dahin können Sie ihn jederzeit besuchen – in Scharnstein oder auf der Homepage www.wireart.at Hoffentlich ist es dann schon wieder wärmer!

Bericht und Foto: Michaela Grininger
Erschienen im Oberösterreichischen Kulturbericht – Folge 2 – März 2012